Immer am 3. Sonntag im Juli feiern wir das Erlöserfest. Menschen unserer Zeit tun sich zunehmend schwer mit dem Begriff der Erlösung. Im Streben nach Autonomie und Freiheit verstehen viele nicht, wovon sie erlöst werden sollten. Sie suchen einen positiven Zugang zum Leben und – wenn überhaupt – auch zum Glauben.
Gleichzeitig müssen wir derzeit die Erfahrung machen, dass das Leben in all seinen Dimensionen vielfach bedroht ist. Da kommt eine tiefe Sehnsucht auf nach einer Welt, in der nicht Gewalt und Unterdrückung herrschen, einer Welt, die geprägt ist von Gerechtigkeit und Solidarität, einer Welt, in der alle Menschen in Würde leben können ….
Es ist die Sehnsucht nach einer Welt, wie sie von Gott her angelegt ist.
Die Bibel erzählt, dass Gott die Welt zum Guten erschaffen hat – auf Heil hin. Im Neuen Testament findet sich eine Fülle von Heilserfahrungen, die Menschen in der Begegnung mit Jesus Christus gemacht haben. Jesus ist der Erlöser, der ‚Heiland‘, nicht wegen einzelner Wunder, sondern durch sein ganzes Leben. In der Spanne von Menschwerdung bis hin zu Tod und Auferstehung ist das heilende Handeln Gottes Person geworden. Überall da, wo Christus ist, ist Heil.
Erlösung oder Heil ist das Kerngeschehen der christlichen Botschaft. Bereits 1960 gibt Joseph Ratzinger (im Lexikon für Theologie und Kirche) eine hilfreiche Interpretation für Menschen unserer Zeit: Heil ist die positive Dynamik von Erlösung.
Heil ist das ‚Geschwisterwort‘ für Erlösung. Es geht um das Glück – um das glückende Leben des Menschen. Heil meint den ganzen Menschen und sein konkretes Leben: befreit zu sein zu einem aufrechten Gang, zu einem gelingenden Menschsein auch mit belastenden und unheilvollen Erfahrungen. Und Heil bedeutet, diese Freiheit und Autonomie einzusetzen zu einem geschwisterlichen und solidarischen Handeln in der Welt.
Heil ist nicht Ergebnis menschlicher Anstrengung. Es geschieht auch nicht wie durch ein Wunder. Für dieses Heilwerden und Heilsein steht Christus als Erlöser. Und mit ihm all die Menschen, die in seinem Sinn in dieser Welt agieren.
Erlösung ist ein österliches Geschehen und ein Alltags-Geschehen. Die Anastasis-Ikone bringt dies ins Bild. Auferstehend nimmt Jesus Adam und Eva (stellvertretend für alle Menschen) mit heraus aus den Gräbern nicht gelebten Lebens in die Sphäre des Heils. Erlösung ist ein für alle Mal in Christus geschehen. An uns kann sie sich Tag für Tag neu ereignen. So kann der Glaube an Christus als den Erlöser eine Option sein auch für Menschen unserer Zeit.
Sr. Barbara Bierler, München
BILD: Anastasis-Ikone in der Kapelle unserer Schwestern in L´viv, Ukraine
Die Schrift oben heißt: Auferstehung unseres Herrn und Gottes Jesus Christus