Mögen Sie die dunkle Jahreszeit?
Wenn nach den hellen Sommermonaten der Herbst beginnt und auf den goldenen Oktober der neblige November folgt, sehne ich mich nach dem nächsten Frühling. Beim Erwägen dieser Sehnsucht wird mir bewusst, dass auch diese Jahreszeit ihre Kostbarkeit hat.
In unserer schnelllebigen Zeit sind wir dem regelmäßigen Lauf der Natur gegenübergestellt. Da lässt sich nichts beschleunigen und nichts aufhalten. Die Natur folgt ihren eigenen Rhythmen und Gesetzmäßigkeiten.
Können wir Menschen davon lernen?
In jedem Leben finden sich, gleichsam wie Wellenbewegungen, dunkle und helle Wegstrecken. Jedes Licht hat seinen Schatten und auch im Dunkel findet sich ein Licht.
In diese dunkle Zeit ist das allgemeine Gedenken der Verstorbenen gelegt. Sie fehlen, keine Frage. Das Lichtvolle ihres Lebens fehlt. Vielleicht hilft uns die dunkle und stiller werdende Jahreszeit uns mit dem Lichtvollen derer, die uns in die Herrlichkeit des Himmels vorausgegangen sind, zu verbinden. Dieses Lichtvolle bleibt für immer geschenkt. Wenn sich zum Vermissen eines geliebten Menschen die Erinnerung an das geschenkte Lichtvolle auftut, kann sich neben die Trauer über den Verlust auch eine Dankbarkeit für die Menschen einstellen, die im Leben zur Seite waren. Vielleicht wächst mit der Dankbarkeit auch eine Ahnung, dass die, die uns vorausgegangen sind, gleichzeitig – wenn auch auf ganz andere Weise – mit uns sind.
Machen wir uns auf den Weg. Lassen wir uns vom Dunkel ins Licht führen, zuletzt in das Licht, das für immer bleibt, in dem Gott wohnt.
Sr. Miriam Strunz, München