November – für so manchen Menschen ein schwieriger Monat! Nebel, frühe Dunkelheit am Abend. Nasskaltes Wetter. Die Natur hat sich völlig verändert. Das goldgelbe Laub der Bäume ist abgefallen, auch Sträucher und so manche Hecken sind kahl. Es ist oft windig, regnerisch, grau und kalt……
Vielleicht geht es Ihnen so, wie es mir bis zur Lebensmitte etwa gegangen ist? Der Herbst war mir die tristeste Jahreszeit und mit Grauen dachte ich schon im Spätsommer daran…..Das ging so lange, bis ich endlich begriff und lernte meinen eigenen Blickwinkel zu verändern und darauf zu schauen, was gerade im Herbst, in dieser Jahreszeit, neu hinzukommt und zu entdecken ist!
Irgendwann war ich wohl soweit gereift, dass ich in der Kahlheit der Bäume den Reiz der neuen Transparenz ihrer Kronen, ihres Geästes entdecken konnte! Wo vorher ganz viel ganz viel schönes Laub war, konnte ich jetzt „den Himmel“ entdecken und mich an filigranen Zweigen und Ästen kaum mehr satt sehen! Jede Baumkrone eine andere Struktur! Keine gleicht der anderen! Welch unglaubliche Vielfalt! Mir fällt jedes Jahr dazu ein Satz von Viktor Frankl, dem Begründer der Logotherapie ein. „Wie oft geben erst die Ruinen den Blick frei auf den Himmel!“ Nun sind kahle Bäume im Herbst und Winter natürlich absolut keine Ruinen, doch in früherer Zeit empfand ich sie tatsächlich so und musste erst einen neuen Blickwinkel erlernen…! Heute freue ich mich inzwischen auch auf den Herbst, auf diese Jahreszeit, mit ihrer ganz eigenen Schönheit und Verheißung, ja einem Trost, einer Osterbotschaft, wie sie Hilde Domin treffend formuliert: „Es knospt unter den Blättern, dass nennen sie Herbst.“ Lassen wir uns doch überraschen!
Sr. Ursula Häntschel, MSsR