Madeleine Delbrêl und Thérèse von Lisieux – zwei Frauen, eine Mission
Einen spannenden Studientag durften wir Schwestern und einige Mitglieder der EmmausWegGemeinschaft in Stadl erleben: bereits zum zweiten Mal war Frau Dr. Annette Schleinzer als Referentin bei uns zu Gast. Sie ist Expertin für die französische Schriftstellerin, Mystikerin und Sozialarbeiterin Madeleine Delbrêl und erarbeitete mit uns – in Fortführung des letztjährigen Studientags -, wie sich die Spiritualität Madeleines vielfach an jener unserer Ordenspatronin Thérèse von Lisieux orientierte. Besonders im Missionsverständnis der beiden Frauen zeigte Frau Dr. Schleinzer Parallelen auf und führte uns damit konkret vor Augen, wie in der heutigen Zeit missionarisches Wirken verstanden und gelebt werden kann.
Madeleine und Thérèse war gemeinsam, dass sie eben nicht – wie zur damaligen Zeit „Mission“ ausschließlich verstanden wurde – in ferne Länder aufgebrochen sind, um „arme Heidenvölker zu bekehren“. Beide lebten in einer überschaubaren Welt – Thérèse in ihrer kleinen Zelle im Karmel von Lisieux, Madeleine und ihre Gefährtinnen in einer einfachen Wohnung in Ivry, inmitten einer kommunistisch und atheistisch geprägten Arbeiter-Bevölkerung am Stadtrand von Paris. Frau Dr. Schleinzer arbeitete einige Aspekte heraus, die (nicht nur!) für uns Schwestern bedeutsam sind – z. B., dass in Madeleines Verständnis jeder und jede Getaufte einen missionarischen Auftrag hat: Menschen zu „bekehren“ bedeutete für sie, die Menschen mit dem Geheimnis Gottes in Berührung zu bringen. Madeleines Weg hierzu war, den heute lebenden Jesus, seine Gebärden der Liebe im Alltag zu leben. Dies müsse immer mit der eigenen Bekehrung einher gehen – der stetigen Suche nach der eigenen Berührung mit Gott und dem Sich-verwandeln-lassen durch diese Berührung. Unwichtig war für sie der sichtbare „Erfolg“ – die Wirkung ihrer Begegnungen konnte sie getrost Gott überlassen. Auch diese Haltung verbindet sie mit dem „Kleinen Weg der Liebe“ der Thérèse von Lisieux: nicht die großen Taten und Aktionen waren für sie maßgeblich, sondern einzig und allein das Maß der Liebe, mit der jede auch noch so kleine Handlung oder Geste vollzogen wird.
Bereichert, berührt und erfüllt beendeten die Teilnehmerinnen den Tag. Es war spürbar, dass in jeder einzelnen noch der eine oder andere Impuls weiterarbeitete!
Sr. Renate Drexler, Wien