In 6 Tagen durch die West-Ukraine
Kiew, Kamjanetz Podilsky und L`viv (Lemberg)
12 Frauen und Männer – 3 Missionsschwestern und Mitglieder der EmmausWegGemeinschaft mit Anhang – haben sich am Pfingstmontag auf den Weg nach Kiew gemacht. Mit Sr. Oksana als Reiseleiterin und Sr. Nataliya, die extra nach Kiew gekommen war, schafften wir es, durch die 3 Mio Hauptstadt zu unserem Quartier im Gästehaus der Dominikaner zu kommen und anschließend zum Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz. Der erste nächtliche Eindruck war sehr beeindruckend.
Zuerst schon mal der große Platz und dann natürlich die vielen Fotos an den rundherum aufgestellten Gedenktafeln, die an die getöteten Menschen erinnern, die sich für die Freiheit und Unabhängigkeit der Ukraine einsetzten (Winter 2013/14). Mit den Fotos und den blau-gelben Bändern der Solidarität wurde die jüngere Geschichte der Ukraine, die man nur aus dem Fernsehen kennt, für uns sehr lebendig. Auf ganz andere Art hat uns der Abstieg in die Metro mit der 45 Grad steilen und überdimensioniert langen und schnell fahrenden Rolltreppe beeindruckt. Es ist jedes Mal ein kleines Abenteuer, in das Gewirr der verschiedenen Metrohaltestellen abzutauchen und am richtigen Ort wieder herauszukommen.
Die Spuren des alten Kiew entdeckten wir in der Oberstadt. Beginnend bei der Statue von Fürst Wolodymyr am Goldenen Tor, der Kiew 988 zum Christentum bekehrte. Wir besichtigten die Sophienkathedrale und das Maria Himmelfahrt-Höhlenkloster (beides UNESCO-Welterbe), sowie das Michaelskloster, alles herrliche Gotteshäuser mit goldstrahlenden Kuppeln und wunderschönen Ikonen.
Gleich daneben stehen neoklassizistische Gebäude aus der Stalinzeit oder moderne gläserne Hotelkomplexe. So manche Kirche wurde erst in unseren Tagen wieder aufgebaut, weil sie damals den Machthabern im Wege stand.
Nach so vielen geschichtlichen und kulturellen Eindrücken ging es mit dem Nachtzug von Kiew südwestlich hinaus nach Kamjanetz-Podilskyj. Bevor wir die romantische Stadt am Fluß Smotryĉ erkundeten, begrüßten uns die Ursulinen mit einem reichhaltigen Frühstück. Pfingstliche Vielfalt zeigte sich an diesem Tag durch die verschiedenen Kirchen: Auf unserem Programm standen die ukrainisch griechisch katholische Dreifaltigkeits-Klosterkirche der Basilianer, die ukrainisch orthodoxe Peter- und Paul Kirche, die römisch katholische Hauptkirche Maria Himmelfahrt mit einem alten Minarett-Turm und die Kirche der Redemptoristen „Hl. Josaphat“.
Daneben beeindruckte uns auch die alte Festungsanlage, die ein wichtiger Verteidigungsposten und ein bedeutender Schauplatz der Befreiung des ukrainischen Volkes war. Pfingstlicher Geist zeigt sich ganz besonders bei Pfarrer Ihor, bei dem wir mittags zu Gast waren und der uns von seiner Pfarrei und der guten Ökumene erzählte. Aber auch bei Pfarrer Taras, der uns seinen Kirchenneubau zeigte und von den Anfängen der neuen Pfarrgemeinde berichtete. Einige aus unserer Gruppe zeigten sich pfingstlich-mutig, als wir auf dem Weg in die Neustadt an der Brücke über den Smotryč einen Flying Fox entdeckten. Sie holten sich den Adrenalin-Kick und flogen angeseilt über den Canyon. Besonders bereichernd war am Abend die Begegnung mit Frauen und Männern bei den ukrainischen Missionsschwestern.
Im gegenseitigen Erzählen und Austauschen über ihre Frauen- und Männergruppe und unsere EmmausWegGemeinschaft kamen wir uns trotz der Sprachbarriere näher. Mit Liedern, Tänzen und einem Gebet ging der wunderschöne Abend zu Ende.
Auf dem Weg nach L`viv (Lemberg) machten wir im Wallfahrtsort Ternopil halt. Ein Mittagessen war für uns bereits vorbereitet und wir konnten die Behinderteneinrichtung besichtigen.
Dann ging es mit dem Kleinbus weiter nach L`viv, wo uns die Hausgemeinschaft der Missionsschwestern in der Lisnastraße und Provinzoberin Sr. Theodora erwarteten.
Bei der Hausführung erfuhren wir, dass in diesem Haus während der Zeit des Untergrunds Gottesdienste gefeiert wurden. Beeindruckend war für uns die Hauskapelle mit der Auferstehungsikone und der offenen geschnitzten Ikonostase. Am nächsten Tag ging es mit Straßenbahn und Bus hinauf zur Universität.
Dort erwartete uns Sr. Teodora zusammen mit Sr. Christina und Sr. Andrea, die uns von ihrer Tätigkeit an der Uni berichteten und uns ihre Kapelle, das Wohnheim und den Kampus zeigten. Die griechisch katholische Universität wurde 1993 von Boris Huzak gegründet, aufgebaut und finanziell unterstützt. Nach dem Mittagessen fuhren wir im überfüllten Bus in die Altstadt zurück. Für uns war es faszinierend wie das Zahlen des Fahrpreises im völlig überfüllten Bus vonstattenging: Geldscheine wurden zum Fahrer nach vorne gereicht und Billette sowie Wechselgeld kam wieder zurück. Unglaublich, aber es funktionierte.
Mit Redemptoristen Bruder Swetoslaw bekamen wir einen geschichtlichen Überblick zur Stadt Lemberg, die 1256 erstmalig urkundlich erwähnt wurde und sich in 4 Bezirke gliedert: polnisch, jüdisch, armenisch, ukrainisch. Wir sahen Schülerinnen und Schüler, die am heutigen letzten Schultag sich besonders herausgeputzt hatten und in traditionellen Hemden oder Blusen, mit Blumenkränzen und Stöckelschuhen vor der Kirche standen. Wir gingen durch nette Gassen, schauten verschiedene Kirchen und die Überreste der Synagoge „Goldene Rose“ an, staunten über den großen Rathausplatz, genossen fantastischen Strudel und lernten, dass Studitinnen eine Ordensgemeinschaft sind. Abends waren wir zu Gast bei der anderen Hausgemeinschaft, die etwas außerhalb von der Altstadt wohnt. Die Schwestern zeigten uns Fotos und erzählten von ihrem Hausumbau. Auch in diesem Haus waren Frauen und Männer in der Untergrundkirche aktiv.
Am letzten Tag erlebten wir wunderbare Gastfreundschaft im Redemptoristenkloster.
Michael holte uns mit dem Kleinbus (9-Sitzer) ab – 13 Personen auf 9 Plätzen, da wird der Kofferraum miteinbezogen. Bei einer Hausführung zeigte uns Bruder Swetoslaw die Hauskapelle, die Biblothek und das kleine Museum zu Mekolei Tscharnetzky (1884 – 1950) – ein redemptoristischer Märtyrer aus der Untergrundzeit.
Nach dem Mittagessen hatten wir Zeit den Garten und den kleinen See zu genießen und Bruder Swetoslaw erzählte von der Arbeit mit den Obdachlosen. Beeindruckend und humorvoll war auch der Besuch bei Weihbischof Wolodymyr Hruza, der uns seinen Garten zeigte, durch das Palais führte und uns Kuchen und Holundersaft, selbstgemacht nach einem Rezept von Sr. Hildegard, kredenzte. Wir durften einen Vorabendgottesdienst im ukrainisch griechisch katholischen Ritus mitfeiern und erlebten danach in der Georgskathedrale eine wirklich schöne Vesper im byzantinischen Stil mit Chor, Lichtfeier und einem besonderen Segen mit Rosenöl. Nach so viel Liturgischen Feiern freuten wir uns auf ein typisch ukrainisches Abendessen, das Sr. Teodora für uns organisiert hatte.
Weihbischof Wolodymyr kam kurzerhand mit und so hatten wir Zeit miteinander über die EmmausWegGemeinschaft und die Herausforderungen als Bischof zu sprechen. Am Sonntag ging es in aller Frühe mit dem Flugzeug zuerst nach Kiew und dann zurück nach München.
Am Ende dieser Reise gilt es Sr. Oksana ein großes Dankeschön zu sagen für die hervorragende Organisation, ihre sprachlichen Übersetzungsfähigkeiten und ihre liebevolle Art.
Vielen lieben Dank auch an die Schwestern in der Ukraine für ihre herzliche Gastfreundschaft.
Ganz besonders danken wir auch Sr. Natalia und Sr. Teodora, die uns etappenweise begleiteten.
Sabine Fett, Mitglied der EmmausWegGemeinschaft