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Wir laden ein zu Veranstaltungen: Gesprächskreise, Meditationstage, Exerzitienkurse, geistliche Begleitung,…
Wir schätzen die Begegnung mit Menschen und suchen mit ihnen den Austausch über Leben und Glauben.

Spiritueller Impuls

Schöpfungszeit … Zeit für die Schöpfung!

Eigentlich ist jeden Tag Schöpfungszeit. Wir sind hineingestellt in diese Welt, in die Schöpfung, als ein Teil von ihr. Jeder Morgen ist so etwas wie ein neuer Schöpfungsmorgen. Die Nacht ist vorüber, ich gehe hinein in den neuen Tag. Zugestandenermaßen nicht immer ganz frisch, aber es tut mir gut, auf den Balkon zu treten und wenigstens einen kurzen Blick in die erwachende Natur zu werfen. Und am Abend freue ich mich, wenn einige Sterne oder ein interessanter Nachthimmel zu sehen sind.

Die Zeit zwischen 1. September, dem „Tag der Schöpfung“ in der orthodoxen und nun auch in der katholischen Kirche, und dem 4. Oktober, dem Fest des heiligen Franziskus, will uns einladen und aufmerksam machen für das Geheimnis der Schöpfung. Die christlichen Kirchen rufen in ökumenischer Übereinstimmung die „Schöpfungszeit“ aus. Gerne bin ich da mit dabei!

Impuls-09-1Mich hat in letzter Zeit fasziniert, was da oft so wie hingestreut am Wegrand zu finden ist. Ohne besonderen Zweck, keine Ernte ist zu erwarten, keine besondere Pflege kommt den Pflanzen zu. Sie sind einfach da, lugen aus Ritzen, sind in der Mauer oder neben der asphaltierten Straße Spuren des Lebendigen. Manchmal laufe ich achtlos vorbei – und manchmal bleibe ich staunend stehen. Der kurze Anblick tut mir gut und unterbricht meine eiligen Schritte. Und er sagt mir: Auch du darfst einfach da sein. Du lebst nicht in erster Linie, damit du etwas vollbringst, etwas leistest, ja nicht einmal, dass du etwas Gutes tust. Du bist einfach da, weil jemand gewollt hat, dass du lebst. Das ist das Erste und das Grundlegende. Alles andere – sich für andere und für die Veränderung der Welt einsetzen, etwas schaffen und voranbringen – kommt erst danach und wächst auf diesem Boden. Schöpfung – das ist die Natur, das ist das Weltall, das sind die anderen Menschen, in der Ferne und in der Nähe, und das bin ich selbst.

Wir Missionsschwestern sind keine franziskanische Ordensgemeinschaft – aber auch unsere beiden großen Heiligen, der heilige Alfons und die heilige Theresia von Lisieux, haben ihr geistliches Leben von der Schöpfung inspirieren lassen. Worte von ihnen können uns in der „Schöpfungszeit“ begleiten:

Impuls-09-3Alfons von Liguori betet: „Gott, du kommst uns entgegen in den kleinen Dingen, mit denen du die ganze Schöpfung ausschmückst. Mit welcher Freude lässt du dich in diesen Spuren, deinen Geschöpfen, suchen!“ (Der vertrauliche Umgang mit Gott).

Theresia von Lisieux sah sich selbst als „Blume des Feldes“ im Garten Gottes und schreibt: „Jesus stellte mir das Buch der Natur vor Augen und ich begriff, dass alle Blumen, die Er geschaffen hat, schön sind, dass die Pracht der Rose und der weiße Glanz der Lilie dem kleinen Veilchen seinen Duft nicht rauben, noch dem Maßliebchen seine entzückende Schlichtheit. … Ich begriff: Wenn alle kleine Blumen Rosen sein wollten, so verlöre die Natur ihren Frühlingsschmuck, und die Fluren wären nicht mehr übersät mit kleinen Blümchen“ (Selbstbiografische Schriften).

 

Sr. Anneliese Herzig, Wien