Wenn ich an den heiligen Alfons Maria von Liguori denke, dann fällt mir der wiederholte Aufruf von Papst Franziskus ein, dass Kirche – und damit wir alle, die zu ihr gehören – ihre „Komfortzone“ verlassen muss, um im Auftrag Jesu Christi für die Menschen da zu sein. Die „Komfortzone verlassen“ – das ist eine ziemlich gute Beschreibung dessen, was Alfons getan hat: Er wechselt vom elterlichen Palast in ein Missionskolleg, aus der Welt der Adeligen taucht er immer wieder ein in die Welt des „Spitals der Unheilbaren“ und des Gefängnisses. Er verzichtet auf das Recht des Erstgeborenen, um sich dem Leben als Priester zu widmen. Statt edler Gewänder wählt er eine einfache Priestersoutane, um den Menschen näher sein zu können. Der stadtbekannte Anwalt und Adeliger wird zum Mitorganisator von abendlichen Treffen mit Katechese auf den Straßen Neapels und sucht die Nähe der „Lazzaroni“, der einfachen Arbeiter und Bettler. Schließlich verlässt er das angenehme und komfortable Leben in Neapel endgültig und geht nach Scala, hoch hinauf in die Berge, weil ihn die Situation der vernachlässigten Landbevölkerung dort so berührt hat. Dafür verzichtet er auf gutes Essen und setzt sich den zweifelhaften Kochkünsten von Bruder Vito Curzio aus. 1762 – mit 66 Jahren – wird ihm etwas Weiteres abverlangt: Er wird Bischof und muss auf das Leben inmitten seiner Mitbrüder verzichten. Die bischöfliche „Komfortzone“ durchbricht er selbst, indem er in einer Zeit des Hungers das Meiste vom bischöflichen Gut und Hausrat an die Armen verschenkt.
Alfons lässt sich berühren und rufen von den Umständen und von der Not. Er sieht darin den Anruf Jesu Christi und sagt: „Gott hat mir das Herz mit seiner Liebe entzündet. Er hat für seine Liebe mein Herz gewonnen“.
Heute feiern wir diesen Heiligen: Gründer der Redemptoristen, der auch unsere Gemeinschaft inspiriert. Und wenn wir ihn feiern, dann heißt das auch für uns: unsere Komfortzonen wahrnehmen und sie immer neu verlassen – um der Liebe zu Gott und den Menschen willen!
Sr. Anneliese Herzig, Wien