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Spiritueller Impuls

Therese von Lisieux – Allerheiligen

Teresia von LisieuxTherese von Lisieux – eine, unter den vielen namhaften Heiligen im Kreis der noch zahlreicheren namenlosen Heiligen

Zu allen Zeiten gibt es unter den unzählig vielen barmherzigen Menschen Zeugen außerordentlicher Barmherzigkeit in und außerhalb der Kirche. Erst Anfang September ist uns bei ihrer Heiligsprechung Mutter Teresa von Kalkutta als leuchtendes Vorbild tätiger Nächstenliebe vorgestellt worden,  als „unermüdliche Arbeiterin der Barmherzigkeit“.

Im Oktober haben wir wieder das Fest der heiligen Therese von Lisieux, der Patronin unserer Gemeinschaft, gefeiert. Im Jahr der Barmherzigkeit stellt sich wie von selbst die Frage nach dem Stellenwert von Barmherzigkeit in ihrem kurzen Leben.

Therese hat als Kind von Seiten ihrer Familie ein hohes Maß an Zärtlichkeit und barmherziger Liebe erlebt. Hinzu kommt, dass sie als Vierzehnjährige seit einem entscheidenden Erlebnis am Weihnachtsabend Gott fortan nur noch als die Barmherzige Liebe kennt. Diese grundlegenden Erfahrungen findet sie im Orden im Umgang mit der Heiligen Schrift bestätigt. Auch hier entdeckt sie die Barmherzigkeit als die herausragende Eigenschaft Gottes.

Im Alten Testament, z.B. Jes. 66,12-13 und in den Psalmen, nimmt Therese die große hebräische Tradition von der Zärtlichkeit Gottes dem Menschen gegenüber auf. Dabei ist Zärtlichkeit bei Therese nicht sentimental, sondern als theologische Aussage zu verstehen. Eine Eigenschaft von der her sich das Christentum verstehen muß. (Vgl. W.Herbstrith).

Noch tiefer ist Therese vom Gottesbild des Neuen Testaments betroffen und dort wohl am meisten vom Gleichnis des barmherzigen Vaters und vom mit-leidenden Erbarmen Jesu mit jedem Menschen bis in seinen Kreuzestod hinein. Gott ist der barmherzige Vater, der den Menschen immer erwartet und nach ihm Ausschau hält, um ihn in seine Arme schließen zu können. Dieses Gottesbild erbarmender Liebe entdeckt Therese in einer Zeit, die geprägt war von religiöser Leistung, von strenger Askese, heroischen Opfern und Weltverachtung.

Diese Entdeckung lässt sie nicht mehr los. Dabei denkt sie nicht so sehr an sich selbst. Sie weiß sich berufen, denen die sich im Geist der Bergpredigt arm wissen vor Gott, die gute Nachricht zu bringen, dass Gott jedem, der ihm vertraut, seine barmherzige Liebe bedingungslos schenkt. Thereses Lebenserinnerungen sind wie ein hohes Lied auf  Gottes  Erbarmen. „Ich will nur eines tun: Mit Singen anheben, was ich in Ewigkeit immer neu singen will – die Erbarmungen Gottes“.

Mit Therese von Lisieux ist ein neuer Weg zur Heiligkeit exemplarisch geworden: Heiligkeit nicht auf Grund von Verdiensten,  sondern auf dem ‚Kleinen Weg‘ des Vertrauens und der Hingabe, den  sie im ganz normalen Alltag verwirklicht. Und das hat sie zu einer Kirchenlehrerin besonderer Art gemacht. Sie steht beispielhaft für die vielen Namhaften und  die unzähligen namenlosen Heiligen, derer wir am Fest Allerheiligen gedenken.

Sr. Antonia Halene, München