Die Coronapandemie hat seit gut einem Jahr die gesamte Welt in der Hand, auch wenn in der letzten Zeit in den Medien schwerpunktmäßig nur noch von der Situation in Deutschland und vielleicht noch den angrenzenden Ländern berichtet wird. Corona beherrscht unser Denken und lässt andere Probleme dieser Welt in den Hintergrund treten. Immer noch versuchen täglich hunderte Menschen aus menschenunwürdigen Verhältnissen übers Mittelmeer nach Europa zu gelangen oder von dem Bürgerkrieg in Syrien, der schon seit 10 Jahren anhält, spricht kaum mehr jemand.
Ebenso gerät der Kampf gegen die Klimakatastrophe mehr und mehr in den Hintergrund.
Die gesamte Welt stellt sich uns als eine verwundete Welt dar. (Dafür stehen – auf der diesjährigen Osterkerze – die Nägel in der Weltkugel, die gleichzeitig den Coronavirus symbolisiert,). Kein Zipfel unserer Erde ist ausgenommen, egal ob reich oder arm, ob mächtig oder schwach. Und noch eines macht uns die Coronakrise deutlich: Wir gehören zusammen und sind aufeinander angewiesen. Es genügt nicht, den Virus nur in unserem Land zu bekämpfen. Alle Menschen müssen Zugang zu Impfstoffen bekommen, sonst ist unser Kampf gegen Corona vergeblich.
Innerkirchlich stehen wir momentan vor einer Zerreißprobe. Das Kreuz auf der Kerze klafft auseinander, ist zerrissen. Teile der Kirchenleitung tun sich absolut schwer mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs. Das Misstrauen des Vatikans gegenüber dem synodalem Weg hierzulande, der u.a. seinen Ausdruck in der Verweigerung der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare findet, ist nicht zu verstehen. Und schließt zusätzlich Menschen aus.
Hinter all den Verwundungen unseres persönlichen Lebens und der gesamten Welt leuchtet die Ostersonne hervor. Es gibt eine Welt dahinter – jenseits aller Verletzungen.
Die Osterbotschaft „ ER ist auferstanden – ER Lebt!“ will uns erreichen – in all den Gebrochenheiten unserer Erde. Gott ist in das Leid dieser Welt eingetaucht, in dem ER seinen Sohn nicht verschont hat. Jesus ist den Weg des Leidens bis in die letzte Konsequenz, den Tod gegangen. Aber ER ist im Leid nicht versunken. Seine Auferstehung schenkt Hoffnung. Als Lebender ist er mitten unter uns. Lassen wir uns von dem Feuer von Ostern anstecken.
Die Wunden und das Leid nicht verschweigen,
Zerrissenheit und Spannungen aushalten –
dem Leben und der Hoffnung den Weg bahnen,
dann bricht Ostern an,
wie der Morgen nach dunkler Nacht.
Sr. Franziska Kaupp, Gastkirche Recklinghausen